Die in den Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes geregelte Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit berechtigt selbständig erwerbstätige EU-/EWR-Unternehmer – sowohl Einzelunternehmer als auch Gesellschaften – Dienstleistungen in Österreich zu erbringen oder in Österreich eine Niederlassung zu gründen. Hierbei gibt es jedoch speziell für europäische Rechtsanwälte Sonderbestimmungen und Voraussetzungen, welche die Anwälte erfüllen müssen. Im Zuge einer vor kurzem an unsere Kanzlei gestellten Anfrage haben wir uns mit diesem Thema beschäftigt.
Um als Rechtsanwalt aus einem EU-Staat in Österreich tätig zu werden, müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein, wobei jedoch an erster Stelle die Notwendigkeit der Kenntnis der österreichischen Rechtslage steht. Um dies zu gewährleisten, gibt es drei unterschiedliche Möglichkeiten, Tätigkeiten als Rechtsanwalt in Österreich auszuführen. Als Rechtsgrundlage dient dabei das Europäische Rechtsanwaltsgesetz (EIRAG).
1.) Antrag auf Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte
Möchte sich ein ausländischer Rechtsanwalt in Österreich niederlassen, so ist die erste Variante der Antrag auf Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte. Die Voraussetzungen dafür sind neben dem Nachweis der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der EU und der Bescheinigung über die Berufszugehörigkeit auch ein Kanzleisitz in Österreich sowie der Nachweis über eine Berufshaftpflichtversicherung in bestimmter Höhe.
Hat der europäische Anwalt keine Eignungsprüfung in Österreich abgelegt, so ist im Verfahren vor einem Gericht immer ein Einvernehmensrechtsanwalt zuzuziehen.
2.) Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte nach dreijähriger Tätigkeit
Kann der europäische Rechtsanwalt eine mindestens dreijährige, effektive und regelmäßige Tätigkeit als niedergelassener europäischer Anwalt in Österreich auf dem Gebiet des österreichischen Rechts nachweisen, so erfolgt auf Antrag eine Eintragung in die Liste der österreichischen Rechtsanwälte. Die Tätigkeitsdauer von drei Jahren kann durch die erfolgreich abgelegte Eignungsprüfung verkürzt werden.
3.) Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte nach Ablegung einer Eignungsprüfung
Um die beruflichen Kenntnisse des Rechtsanwaltsbewerbers zur Ausübung des Berufes in Österreich überprüfen zu können, ist als dritte Variante die Ablegung einer Eignungsprüfung möglich. Sowohl der schriftliche als auch der mündliche Prüfungsteil müssen in deutscher Sprache abgelegt werden. Die Prüfungsfragen liegen dabei unter anderem auf den Gebieten des österreichischen Zivilrechts, Strafrechts, bürgerlichen Rechts, dem Unternehmens- und Gesellschaftsrecht sowie dem Berufs- und Standesrecht der Rechtsanwälte.
Nach Ablegung der Eignungsprüfung erfolgt auf Antrag eine Eintragung in die Liste der niedergelassenen europäischen Anwälte. Ein Einvernehmensanwalt ist bei Verfahren vor einem Gericht dann nicht mehr beizuziehen.
Neben dem Nachweis der fachlichen Kompetenz haben europäische Anwälte in Österreich selbstverständlich auch Beiträge und Abgaben zu leisten. Für die ausreichende Versicherung in der Krankenversicherung haben Anwälte selbst zu sorgen. Daneben gibt es jedoch noch die so genannten „Versorgungseinrichtungen“, an welche die Anwälte jährlich Beiträge zu leisten haben. Die Höhe der Beiträge variiert dabei je nach Bundesland. Teil A, welcher im Jahr 2012 in Salzburg in Höhe von ca. € 9.208,– liegt, kann nicht ermäßigt werden und wird in vier Teilbeträgen quartalsmäßig eingehoben. Teil B (Zusatzpension) kann bei geringen jährlichen Einkünften aus der Anwaltstätigkeit reduziert werden und liegt im Jahr 2012 in Salzburg bei € 4.760,–.
Zusätzlich zu den Ausgaben für die Versicherung haben europäische Anwälte – wie auch österreichische Anwälte – einen jährlichen Kammerbeitrag in Höhe von € 900,– sowie im Anlassfall Sterbegelder in Höhe von € 36,– zu leisten. Die einmalige Eintragungsgebühr in die Liste der europäischen Anwälte beträgt € 250,–.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Homepage der Rechtsanwaltskammer Ihres jeweiligen Bundeslandes.