Nicht zuletzt aufgrund der Coronakrise rückte das Thema remote working in den letzten zwei Jahren immer mehr in den Mittelpunkt. Auch die immer weiter fortschreitende Technologie und Digitalisierung machen Arbeiten aus der Ferne für immer mehr Branchen problemlos möglich.
Folgende Modelle stehen iZm grenzüberschreitenden Tätigkeiten zur Verfügung:
- Foreign local hire
- Cross-border Homeoffice
- Virtuelle Entsendung
- Workation
In all diesen Modellen gilt es folgende Themenkomplexe zu prüfen:
- Lohnsteuerrisiko
- Betriebsstättenrisiko
- Sozialversicherung
Im Folgenden werden die jeweiligen Modelle detaillierter erläutert:
Foreign local hire
Bei diesem Modell schließt ein Arbeitgeber im Land X mit einem Dienstnehmer im anderen Land Y einen Dienstvertrag ab. Der Dienstnehmer übt seine Tätigkeit weiterhin im bisherigen Wohnsitzstaat Y aus.
Beispiel: Ein Arbeitgeber in Österreich schließt einen Dienstvertrag mit einem Dienstnehmer in Rumänien ab.
Abgabenrechtliche Konsequenzen:
- Die Lohnsteuer fällt in diesen Fällen zu 100% in jenem Land an, von wo aus der Dienstnehmer seine Tätigkeit zu 100% verrichtet. Einkünfte entfallend auf einzelne Arbeitstage im Arbeitgeberstaat (idF Österreich), sind im Arbeitgeberstaat steuerpflichtig. Die Lohnsteuereinbehaltspflicht ist länderspezifisch zu prüfen und knüpft meist an das Bestehen einer Betriebsstätte im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers an.
- Das Betriebsstättenrisiko hängt davon ab, ob zwischen Staat X (idF Österreich) und Y (idF Rumänien) ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen wurde, wie im DBA die Betriebsstätte definiert ist (feste Geschäftseinrichtung, Vertreterbetriebsstätte, Dienstleistungsbetriebsstätte) sowie von wo aus der Dienstnehmer arbeitet (Homeoffice, Büro angemietet vom Dienstgeber, Büro einer Konzerngesellschaft).
- Innerhalb der EU/EWR besteht nach dem Territorialitätsprinzip die SV-Pflicht im Staat Y (hier Rumänien). Der Arbeitgeber müsste sich somit im Staat Y (Rumänien) registrieren und dort SV-Beiträge abführen, es sei denn, der Dienstnehmer übernimmt diese Verpflichtung und schließt mit dem Arbeitgeber eine entsprechende Vereinbarung ab (Vereinbarung Art. 21 Abs. 2 VO 987/2004). Im Zusammenhang mit Drittstaaten ist die SV-Pflicht im Dienstnehmerstaat im Einzelfall zu prüfen.
Cross-Border Homeoffice
Ein Arbeitgeber im Land X bietet seinem Dienstnehmer an, einen Teil seiner Arbeit oder die gesamte Arbeit von seinem Homeoffice aus im Land Y auszuüben (entspricht bei 100% Homeoffice-Tätigkeit dem foreign local hire, s. oben).
Beispiel: wie oben, Änderung: teilweise Tätigkeit im Wohnsitzstatt (anstelle 100%)
Abgabenrechtliche Konsequenzen:
- Lohnsteuerpflicht im Dienstnehmerstaat Rumänien, bei Ausübung einzelner Arbeitstage in Österreich würde im Arbeitgeberstaat Österreich anteilig Lohnsteuer anfallen.
- Betriebsstätten-Risiko ist wiederum länderspezifisch zu prüfen.
- Sozialversicherung: Sofern ein Anteil von mind. 25 % der Tätigkeit im Dienstnehmerstaat Rumänien ausgeübt wird, besteht innerhalb der EU/EWR SV-Pflicht im Dienstnehmerstaat (Rumänien). Bei einem Anteil von unter 25% der Tätigkeit im Dienstnehmerstaat ist der Arbeitgeberstaat (Österreich) für die Sozialversicherung zuständig. Zur Ermittlung der 25%-Grenze wird auf einen 12-Monatsbetrachtungszeitraum abgestellt. In Bezug auf drittstaatsangehörige Dienstnehmer ist die SV-Pflicht wiederum im Einzelfall zu prüfen.
Virtuelle Entsendung
Mitarbeiter im Land X und Dienstvertrag mit Arbeitgeber im Land X übernimmt eine temporäre Funktion für ein Konzernunternehmen im Land Y. Er wird jedoch weiterhin physisch im Land X für die Konzerngesellschaft im Land Y tätig sein.
Beispiel: Mitarbeiter eines österreichischen Unternehmens mit Wohnsitz in Österreich erbringt Tätigkeiten für die rumänische Konzerngesellschaft.
Abgabenrechtliche Konsequenzen:
- Lohnsteuerabfuhr erfolgt grundsätzlich im Arbeitgeberstaat. Falls der Staat, in dem das Konzernunternehmen ansässig ist (idF Rumänien), dem wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff folgt, wäre der Dienstnehmer dort ab dem 1. Arbeitstag, den er dort verbringt, steuerpflichtig. Weiters ist eine ggf vorzunehmende Abzugsteuerverpflichtung iHv 20% vom Gestellungsentgelt zu berücksichtigen, insbesondere in Fällen der virtuellen Entsendung nach Österreich.
- Das rumänische Konzernunternehmen könnte diesfalls unter Umständen eine Betriebsstätte im Dienstnehmerstaat Österreich begründen, wenn Österreich dem wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff folgt und die Konzerngesellschaft in Rumänien aufgrund der Personalkostenweiterverrechnung als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist (der Dienstnehmer ist daher wirtschaftlich der rumänischen Gesellschaft zuzurechnen). Die Begründung einer Betriebsstätte durch den Arbeitgeber in Rumänien ist, mangels überwiegenden Aufenthaltes des Dienstnehmers in Rumänien, ausgeschlossen bzw auch dann, wenn der Sachverhalt als Arbeitskräfteüberlassung anzusehen ist, weil eine Betriebsstättenbegründung nach herrschender Ansicht in Fällen der Arbeitskräfteüberlassung ohnehin ausgeschlossen ist.
- Die Sozialversicherungsabfuhr erfolgt weiterhin durch den Arbeitgeber im Arbeitgeberstaat (Österreich).
Workation
Mitarbeiter im Land X hat einen Dienstvertrag mit einem Arbeitgeber im Land X. Der Mitarbeiter verlagert temporär seinen Arbeitsort in Land Y und arbeitet von dort aus weiterhin für Arbeitgeber in Land X. Häufig handelt es sich hierbei um eine Urlaubsdestination.
Beispiel: Mitarbeiter eines österreichischen Unternehmens mit Wohnsitz in Österreich erbringt für 3 Wochen seine Arbeitsleistung von einer griechischen Insel aus.
Abgabenrechtliche Konsequenzen:
- Ob eine Lohnsteuerpflicht im „Urlaubsland“ entsteht, hängt davon ab, ob in Land X (Österreich) der Wohnsitz beibehalten wurde, ob ein DBA zwischen Land X (Österreich) und dem Urlaubsland (Griechenland) besteht und wie lange der Mitarbeiter sich im Urlaubsland aufhält. Gibt der Mitarbeiter etwa seinen Wohnsitz in Land X (idF Österreich) auf, würde kein DBA anwendbar sein und der DBA Schutz vor einer allfälligen Doppelbesteuerung fiele weg. Daher könnte es im Nicht-DBA-Fall ggf zu einer Doppelbesteuerung der Einkünfte des Mitarbeiters kommen. Bei Anwendung eines DBAs entstünde eine Steuerpflicht im Urlaubsland dann, wenn der Mitarbeiter sich länger als 183 Tage im Kalenderjahr bzw 12-Monatszeitraum dort aufhält.
- Die Betriebsstättenbegründung durch den Arbeitgeber im Urlaubsland (idF Griechenland) ist in DBA-Fällen eher unwahrscheinlich. Nach herrschender Ansicht wäre dafür eine Mindestaufenthaltsdauer des Mitarbeiters von 6 Monaten notwendig. In Nicht-DBA-Fällen wäre eine Betriebsstättenbegründung durchaus denkbar.
- Aus SV-rechtlichen Aspekten bliebe die SV-Zuständigkeit zunächst bis zu 60 Monate im Arbeitgeberstaat (Österreich), im Verhältnis zu Drittstaaten könnte dies zu einer Doppelversicherung führen. Das hieße in letzterem Fall könnte sowohl der Arbeitgeberstaat als auch der Urlaubsstaat die Bezahlung von SV-Beiträgen einfordern.
Fachkräftemangel, globale Gesundheitskrisen und fortschreitende Digitalisierung und Technologien machen das Beschäftigen von Dienstnehmern im Ausland zunehmend attraktiver.
Bei der Beschäftigung von Dienstnehmern im Ausland stehen verschiedene Modelle zur Verfügung. In diesem Zusammenhang gilt es allerdings steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Um compliance-Kosten im Ausland gering zu halten, bedarf es vorab einer umfassenden Beratung. Gerne unterstützen wir Sie hierbei umfassend aus steuerlicher, sozialversicherungs- und arbeitsrechtlicher Sicht.
Gerne beraten wir Sie dazu (info@artus.at).