Das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Österreichs mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wurde grundlegend geändert. Da dieses als veraltet galt und nicht mehr den Entwicklungen im internationalen Steuerrecht entsprach, wurden im Jahr 2019 die Verhandlungen zur Abänderung des bestehenden Abkommens gestartet.
Am 1.7.2021 konnte schließlich das Revisionsprotokoll unterzeichnet werden. Die Ratifizierungsurkunden wurden nunmehr am 20.12.2022 ausgetauscht. Das Revisionsprotokoll tritt am 1. März 2023 in Kraft. Die Bestimmungen im Protokoll finden jedoch schon ab 1.1.2023 hinsichtlich der im Abzugsweg eingehobenen Steuern auf Beträge, die nach dem 31.12.2022 gezahlt werden, als auch hinsichtlich anderer Steuern auf Steuerjahre, die nach dem 31.12.2022 beginnen, Anwendung.
Das Revisionsprotokoll ist im größtmöglichen Umfang dem OECD Musterabkommen nachgebildet. Folgende Änderungen sind darin enthalten:
- Die wesentlichste Änderung betrifft die Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von in Österreich ansässigen Steuerpflichtigen (Art. 5 Revisionsprotokoll). Es gelangt nun generell die Anrechnungsmethode zur Anwendung, sodass zumindest eine Einmalbesteuerung gewährleistet ist. Dies würde sich insbesondere auf jene Steuerpflichtigen auswirken, die ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich haben, und in den VAE nichtselbständig tätig sind. Diese Einkünfte wären dann in Österreich steuerpflichtig, VAE Steuern sind anzurechnen. Bei einem Steuersatz von 0% würde die Anrechnung allerdings ins Leere führen.
- Das Revisionsprotokoll sieht im Gegensatz zum Altabkommen ein Quellenbesteuerungsrecht für Dividenden iHv 10% vor. Eine Quellenbesteuerungsbefreiung soll nur weiterhin für den Vertragsstaat selbst, seine Gebietskörperschaften, für qualifizierte staatliche (in Art. 8 Revisionsprotokoll aufgezählte) Einrichtungen, sowie für substanzielle Beteiligungen (Beteiligungen von mind. 10%) die von Körperschaften gehalten werden, gelten.
- Die Präambel und Titel sollen durch Art. 1 und 2 des Revisionsprotokolls an den OECD-Standard betreffend Gewinnverteilung und Gewinnverlagerung angepasst werden, sodass es künftig zu keiner Möglichkeit der Niedrig- bzw Nichtbesteuerung durch Steuerkürzung bzw -umgehung mehr kommen kann.
- 8 des Revisionsprotokolls regelt, dass für Zwecke der Auslegung des Abkommens nur mehr das OECD-Musterabkommen bzw der Musterkommentar herangezogen werden soll.
- Aufgrund der Bestimmungen in Art. 6 des Revisionsprotokolls sollen künftig auch Bankinformationen auf bilateraler Ebene ausgetauscht werden dürfen.
- Aufnahme einer Anti-Missbrauchs-Vorschrift in Art. 28A (principle purpose test). Es sollen also künftig keine Abkommensvergünstigungen gewährt werden, wenn der Hauptzweck dieser Gestaltungen und Transaktionen der Erhalt solcher Vergünstigungen ist.
Interessantes Detail am Rande: Der Finanzminister der VAE hat am 31.1.2022 außerdem die Einführung einer Körperschaftsteuer angekündigt. Die Einführung der Körperschaftsteuer hat das emiratische Finanzministerium am 19. Mai 2022 mit einem Beschluss nun offiziell auf den Weg gebracht. Die Körperschaftsteuer soll für jene Wirtschaftsjahre erstmalig gelten, die am oder nach dem 1.6.2023 beginnen. Der allgemeine Körperschaftssatz soll 9% betragen, Unternehmen mit Gewinnen unter AED 370.000 (ca TEUR 93) sollen hingegen weiterhin von der Körperschaftsteuer befreit sein. Unternehmen, die einer multinationalen Gruppe mit einem Konzernumsatz von mehr als EUR 750 Mio. angehören, sollen mit 15% Körperschaftsteuer belastet werden.
Aufgrund österreichischer Bestimmungen kommt es bei im Ausland niedrig besteuerten Passiveinkünften (zB Zinsen, Dividenden, Lizenzgebühren) für steuerliche Zwecke zur (fiktiven) Hinzurechnung dieser Erträge bei der inländischen beherrschenden Körperschaft (= Hinzurechnungsbesteuerung gem. § 10a KStG). Ein Land gilt als niedrigbesteuert, wenn der Körperschaftsteuersatz im jeweiligen Land weniger als 12,5% beträgt.
Bislang waren alle VAE Tochtergesellschaften bzw Betriebsstätten österreichischer Unternehmen mit Passiveinkünften von mehr als einem Drittel ihrer Gesamteinkünfte mangels Körperschaftsteuerpflicht in den VAE von der Hinzurechnungsbesteuerung gem. § 10a KStG bzw Nicht-Abzugsfähigkeit bestimmter Zahlungen gem. § 12 (1) Z 10 KStG (insb. Zinsen und Lizenzgebühren) betroffen. Für Unternehmensgruppen mit einem Umsatz von mehr als EUR 750 Mio. wird sich die Einführung der Körperschaftsteuerpflicht in Zukunft unter Umständen positiv auf die Steuerbelastung auswirken. Zu einer Hinzurechnungsbesteuerung bzw Nicht-Abzugsfähigkeit bestimmter Zahlungen sollte es in Österreich mangels Niedrigbesteuerung in diesen Fällen nicht mehr kommen.
FAZIT: Insbesondere bei Sachverhalten, bei denen die Steuerpflichtigen in den VAE arbeiten, deren Familien jedoch in Österreich wohnhaft geblieben sind (=Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen in Österreich), ist Vorsicht geboten. Dies könnte zukünftig zu empfindlichen Steuerzahlungen in Österreich führen.
Auch Unternehmen, die in den VAE über eine Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft verfügen, deren Gewinne mehr als etwa TEUR 93 betragen, werden ab Mitte 2023 mit erhöhten Steuerzahlungen konfrontiert werden. Unter Umständen könnte es daher noch vorteilhaft sein, gewisse geplante Transaktionen vor diesem Zeitpunkt durchzuführen.
Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang weiterführend, sollten Sie sich in einer derartigen Situation befinden. Auch teilen wir gerne Kontakte unseres Netzwerks an Steuerberatern und Rechtsanwälten in den VAE mit Ihnen (info@artus.at).