Ein Dreiecksgeschäft lag vor dem AbgÄG 2022 dann vor, wenn genau drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über die gleiche Ware Umsatzgeschäfte abgeschlossen haben und diese Ware unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer befördert oder versendet wurde.
Die bewegte Lieferung zwischen dem Lieferer und Erwerber ist eine innergemeinschaftliche Lieferung, die bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen steuerfrei ist.
- Der Erwerber tätigt grundsätzlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb in jenem Land, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung befindet. Der Erwerber wäre somit im Staat des Empfängers erwerbsteuerpflichtig.
- Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine vom Zielland der Ware abweichende UID (z.B. die seines Heimatlandes), dann gilt der Erwerb grundsätzlich so lange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb im Bestimmungsland besteuert worden ist (sog. „Doppelerwerb“).
Die ruhende Lieferung zwischen dem Erwerber und dem Empfänger wäre an sich eine im Bestimmungsland zu erfassende steuerpflichtige Lieferung. Daher wäre der Erwerber zur steuerlichen Registrierung für Umsatzsteuerzwecke im Bestimmungsland verpflichtet.
Vereinfachungsregeln
Die folgenden Vereinfachungsregeln bestehen für den Erwerber:
- Dieser wird von der Erwerbsteuerpflicht im Bestimmungsland befreit.
- Die Steuerpflicht für die anschließende (ruhende) Lieferung geht auf den Empfänger über (Reverse Charge).
- Der innergemeinschaftliche Erwerb gilt im Mitgliedstaat der verwendeten UID fiktiv als besteuert.
Im Ergebnis bewirkt das Dreiecksgeschäft, dass der Erwerber die UID seines Heimatstaates verwenden kann, jedoch weder in diesem Staat noch im Bestimmungsland eine Steuer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb entrichten muss.
Wenn das Dreiecksgeschäft aberkannt wird (bspw. aufgrund einer fehlerhaften Rechnung), dann bleibt der Doppelerwerb bestehen. Das bedeutet, dass der Erwerber die Erwerbsteuer bezahlen muss, aber nicht wie gewohnt diesen Betrag zugleich als Vorsteuer geltend machen darf.
Das Dreiecksgeschäft „Neu“ (nach dem AbgÄG 2022)
Der Gesetzgeber hat im Rahmen des AbgÄG 2022 den Anwendungsbereich des Dreiecksgeschäfts mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2023 erweitert. Die Vereinfachungsregeln für Dreiecksgeschäfte finden nun auch innerhalb von Reihengeschäften mit mehr als drei Unternehmen Anwendung, allerdings kann nur ein Unternehmer in der Kette diese geltend machen und zwar der Steuerpflichtige innerhalb der Reihe, der den innergemeinschaftlichen Erwerb tätigt, also Empfänger der bewegten Lieferung ist.
Zwar können Reihengeschäfte mit mehr als drei Unternehmen in den Genuss der Vereinfachungsregeln kommen, allerdings ist die Vereinfachung auf Geschäften mit UID Nummern aus max. drei verschiedenen Mitgliedstaaten beschränkt.
Anzumerken ist, dass dies die österreichische Rechtslage darstellt und es auf EU-Ebene keine vollständige Harmonisierung in diesem Bereich gibt. Um hohe Steuernachzahlungen zu vermeiden, ist also einerseits weiterhin zu prüfen, ob die anderen involvierten Mitgliedstaaten ein Dreiecksgeschäft in der geplanten Konstellation ebenfalls akzeptieren, und andererseits ob die entsprechenden Rechnungen korrekt ausgestellt wurden.
Beispiel:
Der in Österreich ansässige Empfänger AT bestellt beim in Deutschland ansässigen Erwerber 2 DE dort nicht vorrätige Werkzeugteile. DE gibt die Bestellung weiter an den in Frankreich ansässigen Erwerber 1 FR mit der Bitte, sie direkt zu Empfänger AT nach Österreich auszuliefern. Weil auch FR die Werkzeugteile nicht auf Lager hat, bestellt er sie beim in Spanien ansässigen Lieferant ES und befördert sie auf seine Rechnung an AT. FR tritt mit seiner spanischen UID-Nummer auf, alle anderen Unternehmer jeweils unter der UID-Nummer ihres Landes.
Lösung:
Zwischen ES, FR, DE und AT liegt ein Reihengeschäft vor. Da FR als Zwischenhändler mit seiner spanischen UID-Nummer auftritt, wird die Beförderung seiner Lieferung DE zugeordnet, womit DE einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich verwirklicht. Liegen die Voraussetzungen vor, ist dieser innergemeinschaftliche Erwerb von DE in Österreich steuerfrei und die Steuerschuld für die Lieferung von DE an AT geht auf AT über. In diesem Fall muss DE als Erwerber eine entsprechende Rechnung an AT legen und diese Lieferung mit dem Hinweis auf die Dreiecksgeschäftslieferung in seine ZM (in Deutschland) eintragen.
Gerne beraten wir Sie dazu (info@artus.at).