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EuGH: Bereitschaftszeit als Arbeitszeit

Personalmanagement & Arbeitsrecht
date icon 28. Februar 2018

Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens hatte sich der EuGH mit der Frage zu beschäftigen, wann Bereitschaftszeit als Arbeitszeit zu werten ist.

Im konkreten Fall ging es um einen Angestellten in Belgien, der zusätzlich zu seinem Hauptberuf freiwillig beim öffentlichen Feuerwehrdienst arbeitet und von der Stadt eine finanzielle Entschädigung für die zu Hause geleisteten Bereitschaftsdienste forderte. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass es sich dabei nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit wie bei einer freiwilligen Feuerwehr in Österreich handelt. Die Freiwilligen leisten im Wesentlichen dasselbe wie die Berufsfeuerwehrleute, was neben der Teilnahme an Einsätzen auch die Erbringung von regulären Wach- und Bereitschaftsdiensten inkludiert. Während der Bereitschaftszeiten müssen sich die Feuerwehrleute zu Hause aufhalten und binnen acht Minuten die Feuerwehrkaserne erreichen können.

Strittig war unter anderen, ob die daheim geleisteten Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit oder als Ruhezeit zu werten sind.

Nach Ansicht des EuGH ist die Bereitschaftszeit in dieser Konstellation als Arbeitszeit anzusehen, da sich der Arbeitnehmer tatsächlich während der Bereitschaftszeit ausschließlich am Wohnsitz aufhalten durfte und einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatzort innerhalb von acht Minuten Folge leisten musste. Diese beiden Verpflichtungen in geografischer und zeitlicher Hinsicht sind objektiv dazu geeignet, die Möglichkeiten des Arbeitnehmers einzuschränken, sich seinen persönlichen und sozialen Interessen zu widmen. Damit unterscheidet sich diese Situation klar von der eines Arbeitnehmers, der während seines Bereitschaftsdienstes einfach nur für seinen Arbeitgeber erreichbar sein muss.

Wie stellt sich nun die Situation in Österreich in Bezug auf Bereitschaftszeiten dar?

Wir unterscheiden zwischen Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft.

  • Bei Arbeitsbereitschaft muss man sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um jederzeit die Arbeit aufnehmen zu können. Dabei handelt es sich um Arbeitszeit.
  • Bei Rufbereitschaft kann der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei wählen, muss aber für den Arbeitgeber erreichbar sein. Als Arbeitszeit gelten nur jene Zeiträume, in denen man tatsächlich zum Einsatz kommt.

Was auf den ersten Blick einfach und logisch erscheint, birgt bei der Umsetzung oft Schwierigkeiten:

  • Zum einen sind diese in einer oft mangelhaften Abgrenzung zwischen Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft begründet.
  • Zum anderen liegen sie in einem zu sorglosen Umgang mit den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Beschränkungen.

Stand bisher der Aufenthalt an einem bestimmten Ort im Vordergrund, wird in der EuGH-Entscheidung nun ein neuer, starker Fokus auf die zeitliche Komponente gelegt.

Dieses neue Abgrenzungskriterium wird zukünftig auch bei der Vertragsgestaltung entsprechend zu berücksichtigen sein.

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