Reminder und Praxishinweise
Das am 25.2.2023 in Kraft getretene Hinweisgeber:innenschutzgesetz (HSchG) – siehe unseren Blogbeitrag – verpflichtet alle juristischen Personen mit 50 oder mehr Mitarbeiter:innen zur Einrichtung eines Meldekanals, über den bestimmte Verstöße gemeldet werden können und dort verarbeitet werden.
Unternehmen ab 250 Mitarbeiter:innen mussten dies bis 25. August 2023 umsetzen.
Unternehmen ab 50 Mitarbeiter:innen haben noch bis 17. Dezember 2023 Zeit.
Unter „Unternehmen“ fallen dabei juristische Person des Privatrechts oder rechtsfähige Personengesellschaft. Darunter fallen auch Vereine oder gemeinnützige Organisationen, die als juristische Person organisiert sind.
Nicht umfasst sind Einzelunternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter:innen (da diese keine juristische Personen oder Gesellschaften sind).
Zweck des Gesetzes
Personen, die berufliche Verbindungen zu einem Unternehmen haben oder hatten, (darunter fallen auch überlassene Arbeitskräfte, Praktikant:innen, Subunternehmer:innen, selbstständig Erwerbstätige oder Anteilseigner) soll es ermöglicht werden, Hinweise über Gesetzesverstöße (bspw. Wettbewerbsverstöße, Korruption, Verstöße gegen Verbraucher- und Umweltschutzbestimmungen) innerhalb der Organisation aufzuzeigen, ohne, dass Hinweisgeber:innen Nachteile erleiden sollen.
Hinweise sollen nachranging extern weitergegeben werden (Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung), oder unter bestimmten Voraussetzungen auch veröffentlicht werden können. Hinweisgeber:innen sind vor Vergeltungsmaßnahmen, die als Reaktion gesetzt werden, geschützt.
Obwohl es keine Strafen für die Nichteinrichtung eines solchen Systems gibt, sind Unternehmen angehalten, ein Meldesystem einzurichten, um die externe Weitergabe oder Veröffentlichung von Hinweisen auf Gesetzesverstöße zu verhindern bzw. einzuschränken.
Meldekanal und dessen Ausgestaltung
Unternehmen sollen eine interne Stelle einrichten, welche Hinweise entgegennimmt und verarbeitet. Von besonderer Bedeutung ist die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und der Schutz der Hinweisgeber:innen vor Nachteilen (Mobbing, schlechtes Dienstzeugnis, etc.) aufgrund der Hinweise.
Die interne Stelle kann auch ausgelagert werden, dies bietet sich bei Unternehmensgruppen an, oder wenn keine eigene Person zur Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Meldesystems abgestellt werden kann. Ein Meldesystem kann beispielsweise auf ein Gruppenunternehmen oder eine/n externe/n Berater:in ausgelagert werden (§ 13 Abs. 4 HSchG).
Welche Elemente verpflichtend umzusetzen sind haben wir in unserem Blogbeitrag vom 13.2.2023 beschrieben.
Schutz der Hinweisgeber:innen
Maßnahmen, die in Vergeltung eines berechtigten Hinweises erfolgt sind, sind rechtsunwirksam (§ 20 HSchG). Dies betrifft insbesondere die folgenden Maßnahmen:
- Kündigung
- Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags
- Herabstufung oder Versagung einer Beförderung
- Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Minderung des Entgelts, Änderung der Arbeitszeit
Bei gewissen Vergeltungsmaßnahmen kann auch Schadenersatz begeht werden.
Externe Weitergabe und Veröffentlichung von Hinweisen
Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung ist als externe Stelle zuständig für alle Hinweise auf Rechtsverletzungen (soweit Sondergesetze andere Meldekanäle vorsehen, können sich auch andere Behörden ergeben).
Hinweisgeber:innen sollen sich zuerst an die interne Stelle wenden, bevor sie Hinweise an die externe Stelle weitergeben. Sie können sich gleich an die externe Stelle wenden, wenn die Hinweisgebung an die interne Stelle nicht zumutbar ist, oder sich als erfolgslos oder aussichtslos erwiesen hat (§ 14 Abs. 1 HSchG).
Aus Sicht der Unternehmen ist es vorteilhafter, dass sich Hinweisgeber:innen an die interne Stelle wenden, da externe Stellen direkt Verwaltungsbehörden, die Staatsanwaltschaft oder zustände Gerichte um Ermittlungen ersuchen können (§ 17 Abs. 4 HSchG).
Eine Veröffentlichung (die „Hinweisgebung durch öffentliches Zugänglichmachen eines Hinweises“) unter Aufrechterhaltung des Schutzes für Hinweisgeber:innen ist zulässig, wenn
- zuvor interne und externe Stellen kontaktiert wurden, ohne dass innerhalb der gesetzlichen Fristen eine Folgemaßnahme getroffen wurde, oder
- Hinweisgeber:innen annehmen dürfen, dass sie bei einem Hinweis an eine externe Stelle Vergeltungsmaßnahmen erleiden, oder geringe Aussichten auf das Vorgehen gegen die Rechtsverletzung bestehen (aufgrund der Unterdrückung von Beweismitteln, oder der Absprache zwischen Unternehmen und externer Stelle), oder
- Hinweisgeber:innen annehmen dürfen, dass die Rechtsverletzung eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann.
Verwaltungsstrafen
Mit Verwaltungsstrafen von 20.000 Euro bzw. 40.000 Euro im Wiederholungsfall zu bestrafen ist, wer
- eine Person im Zusammenhang mit der Hinweisgebung behindert, zu behindern versucht, oder unter Druck setzt,
- eine Vergeltungsmaßnahme aufgrund der Hinweisgebung setzt,
- die Vertraulichkeitsbestimmungen verletzt, oder
- einen falschen Hinweis setzt.
Es sind keine Strafen für Unternehmen vorgesehen, die das interne Hinweissystem nicht oder nicht rechtzeitig einrichten.
Gerne beraten wir Sie dazu (info@artus.at).