Das österreichische Hinweisgeber:innenschutzgesetz (HSchG) wurde mit 1. Februar 2023 nach der mit Dezember abgelaufenen Frist zur Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie verabschiedet. Diese neuen Vorgaben bringen Pflichten in der unternehmerischen Steuerung und im engeren Sinn der Compliance mit sich.
Wer ist betroffen?
Die Verpflichtung zur Errichtung eines im weiteren Sinn internen Meldesystems und im engeren Sinn eines internen Meldekanals gilt:
- für Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Sektors mit mehr als 249 Arbeitnehmer:innen innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten des HSchG (gemeint sind sämtliche Arbeitnehmer:innen, nicht Vollzeitäquivalente)
- für Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Sektors ab 50 Mitarbeiter:innen (Ausnahmen gelten für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner:innen oder weniger als 50 Arbeitnehmer:innen) mit einer Umsetzungsfrist ab 17. Dezember 2023.
Ziel der Neuerung
Förderung des rechtmäßigen Verhaltens und die Implementierung von Prozessen, die erlauben, dass Hinweisgeber:innen Informationen, die sie im beruflichen Kontext erlangt haben, weitergeben können. So definiert das österreichische Hinweisgeber:innenschutzgesetz („HSchG“) einen persönlichen Geltungsbereich für Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer:in, Bedienstete/r, Leitungs-/Verwaltungs-/Aufsichtsorgan, Bewerber:in einer offenen Stelle, Praktikant:in, Volontär:in, Selbstständige/r, Mitarbeiter:in eines Subunternehmens/Lieferant:innen Informationen erlangt haben und diese Informationen an eine interne/externe Stelle weitergibt oder in einem Medium veröffentlicht.
Der Anwendungsbereich bezieht sich auf das Melden/Offenlegen von Missständen mit Bezug auf EU-Unionsrecht in bestimmten Bereichen wie etwa Umweltschutz, Datenschutz, Verbraucherschutz, Produkt- und Verkehrssicherheit, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Was gilt es zu beachten?
Hinweisgeber:innen genießen den Schutz, sofern sie im guten Glauben agieren. Ihre Identität darf z.B. nicht ohne dessen Zustimmung offengelegt werden. Des Weiteren ist jegliche Form von Repressalien, wie etwas Kündigungen, Suspendierungen, Gehaltskürzungen und Disziplinarmaßnahmen gegen den/die Hinweisgeber:in verboten und wird unter Strafe gestellt. Die vorzeitige Auflösung geschäftlicher Verträge oder anderer Vereinbarungen mit Geschäftspartner:innen sowie der Entzug von Genehmigungen sind ebenfalls untersagt.
Ausgestaltung des Meldekanals
Folgende Elemente müssen umgesetzt werden:
- Schriftliche (z.B. Briefkasten, elektronisches Postfach), mündliche (z.B. Telefonhotline) oder auch auf Anfrage des/der Hinweisgeber:in persönliche Meldungen via Obdusfrau/man müssen möglich sein
- Die Voraussetzung für eine anonyme Meldung von Missständen ist einzuräumen
- Falls schriftliche Hinweise einlangen, sind diese unverzüglich, jedoch jedenfalls innerhalb von sieben Kalendertagen schriftlich zu bestätigen
- Jeder Hinweis ist grundsätzlich auf seine Stichhaltigkeit zu prüfen. Einem Hinweis muss allerdings nicht nachgegangen werden, wenn er nicht in den (gesetzlichen oder selbst gewählten) Geltungsbereich des Systems fällt oder wenn aus ihm keine Anhaltspunkte für seine Stichhaltigkeit hervorgehen
- Spätestens drei Monate nach dem Eingang des Hinweises ist der/die Hinweisgeber:in von den ergriffenen Folgemaßnahmen bzw. den relevanten Gründen der Nichtverfolgung zu informieren. Insofern, muss der eingerichtete Prozess zum internen Meldekanal die Folgemaßnahmen des Eingangs der Meldung beinhalten
- Haltefrist von relevanten Unterlagen muss gewährleistet werden
Verwaltungsstrafen
Im Falle, dass die Hinweisgeber:innen an der Hinweisgebung gehindert oder mutwilligen Druck ausgesetzt werden bzw. ihr Schutz nicht gewährleistet wird, sehen sich Unternehmen Strafen ausgesetzt, jedoch wird auch die Verbreitung von wissentlich falschen oder irreführenden Informationen geahndet. Die Implementation ist auf Ebene des Landesrechts umgesetzt.
Gerne beraten wir Sie dazu (info@artus.at).