Private Grundstücksveräußerungen unterliegen seit 1.4.2012 grundsätzlich der ImmoESt.
Sämtliche Immobilien, für die am 31.3.2012 die 10-jährige Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen war (nach 31.3.2002 erworben und somit am 31.3.2012 noch „steuerverfangen“ waren) unterliegen seit 1.4.2012 uneingeschränkt der ImmoESt, welche seit 1.1.2016 rund 30% des Veräußerungsgewinnes beträgt (sog. „Neufälle“). Wesentlich günstiger ist die Veräußerung von Immobilien, welche als sog. „Altfälle“ gelten (am 31.3.2012 nicht mehr „steuerverfangen“ gewesen), bei welchen eine Pauschalbesteuerung iHv eff. 4,2% des Verkaufserlöses erfolgt.
Die Immobilienertragssteuer (ImmoEst) entfällt jedoch gänzlich, wenn die verkaufte Immobilie seit Anschaffung oder Herstellung durchgehend mindestens zwei Jahre durch den Veräußerer als Hauptwohnsitz genutzt wurde und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird. Ebenfalls von der ImmoESt befreit ist der Verkauf der Immobilie, wenn der Veräußerer die Immobilie innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre lang durchgehend als Hauptwohnsitz genutzt hat. Da es nur auf den Hauptwohnsitz des Veräußerers ankommt, ist es für die Befreiung unerheblich, ob der Veräußerer durchgehend auch zivilrechtlicher Eigentümer war. In beiden Fällen muss der Hauptwohnsitz aufgegeben werden. Letztere Bedingung hat ihre Begründung im Grundgedanken der Hauptwohnsitzbefreiung: Der Erlös aus dem Verkauf des Hauptwohnsitzes soll zur Finanzierung eines neuen Lebensmittelpunktes zur Gänze genutzt werden können und soll aus diesem Grund nicht durch eine Besteuerung geschmälert werden.
Verwaltungsgerichtshof gegen Bundesfinanzgericht
Strittig war bislang, ob die veräußerte Wohnung innerhalb der fünfjährigen Hauptwohnsitz-Mindestdauer im Eigentum des Verkäufers gestanden haben muss. Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit seiner Entscheidung vom 24. Jänner 2018 klar (Ra 2017/13/0005), dass es für die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung lediglich auf die durchgehende Nutzung der Liegenschaft als Hauptwohnsitz ankommt und nicht auf das durchgehende Vorliegen eines bestimmten Rechtstitels (Eigentum). Mietzeiten sind also in die fünfjährige Hauptwohnsitz-Mindestdauer miteinzuberechnen.
In dem entschiedenen Fall war der Revisionswerber seit dem Jahr 2007 Mieter einer Genossenschaftswohnung. Mit Ablauf des Jahres 2012 erwarb er Eigentum an seiner bisherigen Mietwohnung (Genossenschaftswohnung). Zum 1. November 2013 verkaufte er die Wohnung. Das Finanzamt beurteilte den Vorgang als steuerpflichtige Immobilienveräußerung. Den Gewinn aus der Veräußerung unterzog es daher der Immobilienertragsteuer. Das Bundesfinanzgericht wies eine dagegen erhobene Beschwerde mit der Begründung ab, dass die Hauptwohnsitzbefreiung die Nutzung einer Eigentumswohnung während bestimmter Fristen als Eigentümer erfordere. Die Hauptwohnsitzbefreiung käme daher nicht zur Anwendung, und die Veräußerung unterliege der Besteuerung. Der Verwaltungsgerichtshof teilte die Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht. Der Wortlaut der Befreiungsbestimmung stelle nur auf die durchgehende Nutzung der Wohnung als Hauptwohnsitz, nicht aber auf einen bestimmten Rechtstitel für diese Nutzung ab.
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