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Klauseln in qualifiziertem Nachrangdarlehen von Grazer Gericht für gesetzwidrig befunden

Recht & Steuern
date icon 15. Juli 2016

Das im Herbst 2015 in Kraft getretene Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) sah ausdrücklich qualifizierte Nachrangdarlehen als Möglichkeit einer alternativen Finanzierung vor, da nicht nachrangige Darlehen idR den Banken vorbehalten sind. Das Grazer Landesgericht hat nun die Klauseln eines Nachrangdarlehens einer Prüfung nach dem Konsumentenschutzgesetz unterzogen und einige in ihrer Ausgestaltung für gesetzwidrig befunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Eine auf Photovoltaik spezialisierte Grazer Firma, finanzierte sich durch die Aufnahme von Krediten bei Verbrauchern in Form von qualifizierten Nachrangdarlehen. Der VKI ging im Auftrag des Sozialministeriums gerichtlich gegen einige Klauseln dieser Darlehensverträge vor. Ua wurden hohe und verschuldensunabhängige Ersatzleistungen bei vorzeitiger Vertragsauflösung durch den Konsumenten als gröblich benachteiligend eingestuft. Eine derartige Ersatzleistung darf den typischen Schaden des Darlehensnehmers abdecken, aber nicht zu dem Zweck vereinbart werden vorzeitige Kündigungen zu verhindern.

Auch die vereinbarte qualifizierte Nachrangklausel wurde aufgrund des Totalverlustrisikos als unzulässig beurteilt. Aufgrund der Nachrangigkeit würde das von den Anlegern zu tragende Risiko des Kapitalverlustes weit über das allgemeine Insolvenzausfallrisiko hinausgehen. Es würde das unternehmerische Risiko ohne angemessene Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg übertragen. Dieses Ungleichgewicht konnte nicht durch unüblich hohe Zinsen ausgeglichen werden.

Außer den genannten Bestimmungen beurteilte das Gericht weitere Klauseln als gesetzwidrig, diese sahen zum Beispiel erhöhte Formvorschriften für Erklärungen des Verbrauchers, lange Kündigungsfristen oder Haftungsfreizeichnungen des Unternehmers vor.

Das Gericht stellte klar, dass sich Unternehmen auch bei alternativen Finanzierungsformen – trotz ausdrücklicher Zulässigkeit der Nachrangklausel laut AltFG – an die gesetzlichen Schutzbestimmungen zugunsten der Verbraucher halten müssen. Zulässig (und auch faktisch möglich) wäre nach dieser Entscheidung ein Modell mit vereinbarter Nachrangigkeit, bei dem der Anleger am unternehmerischen Erfolg des Unternehmens partizipiert. Auch wenn das Urteil nicht rechtskräftig ist, empfiehlt es sich bei Neuauflage Alternativen in Betracht zu ziehen.

Die Vertragsbedingungen bestehender Nachrangdarlehen sollten im Hinblick auf dieses Urteil einer Prüfung unterzogen werden. Unter Umständen sind im Lichte dieser Entscheidung Änderungen notwendig, die zu hohen Kosten für Emittenten führen können.

Wolfgang Dibiasi
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