Im Schrifttum hat sich zuletzt eine lebhafte Diskussion über die steuerliche Anerkennung von zwischengeschalteten GmbHs entwickelt. Mit dem ergangenen Wartungserlass 2009 wird die bereits mehrmals überarbeitete Randziffer 104 der Einkommenssteuerrichtlinien 2000 über die Zurechnung von Einkünften konkretisiert. Seit 1.1.2010 wird die überarbeitete Sichtweise von der Finanzverwaltung vollzogen, doch wird diese bereits jetzt vom Schrifttum einhellig abgelehnt.
Ausgangsbeispiel: Ein Rechtsanwalt, der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH ist, wird als Stiftungsvorstand in der von einem seiner Klienten errichteten Privatstiftung tätig. Sein Dienstvertrag mit der Rechtsanwalts-GmbH sieht vor, dass er die Vergütungen für seine Tätigkeit als Stiftungsvorstand an die Rechtsanwalts-GmbH abführen muss.
Wann werden nun die Einkünfte aus der Tätigkeit als Stiftungsvorstand dem Rechtsanwalt und nicht der Rechtsanwalts-GmbH zugerechnet?
Die Einkommenssteuerrichtlinien heben zwei Kriterien hervor, die entscheidend für die Zurechnung der Einkünfte zu natürlichen Personen sind. Es kommt zu einer Zurechnung an die natürliche Person, wenn die Kapitalgesellschaft
1. in Hinblick auf die betreffende Tätigkeit selbst Marktchancen nicht nutzen kann und
2. über keinen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt.
Ist nur eines der beiden Kriterien erfüllt, werden die Einkünfte nach wie vor der Kapitalgesellschaft zugerechnet.
Was bedeutet nun die Marktchancen nicht nutzen zu können?
Eine GmbH kann die Marktchancen nicht nutzen, wenn die betreffende Tätigkeit aufgrund eines gesetzlichen oder statutorischen Verbots nur von natürlichen Personen erbracht werden kann oder in typisierender Betrachtungsweise nach der Verkehrsauffassung eine höchstpersönliche Tätigkeit darstellt (bspw. Schriftsteller, Sportler, etc.).
In Hinblick auf unser Ausgangsbeispiel würde dies bedeuten, dass die Rechtsanwalts-GmbH die Tätigkeit aufgrund eines gesetzlichen Verbots nicht ausüben kann, da nach Privatstiftungsgesetz nur natürliche Personen für den Stiftungsvorstand in Betracht kommen. Dies führt jedoch noch nicht automatisch zu einer Zurechnung der Einkünfte zur natürlichen Person, da das zweite Kriterium über einen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb noch nicht geprüft wurde.
Was bedeutet es nun für die GmbH über keinen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb zu verfügen?
Für einen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb spricht insbesondere die Beschäftigung von Mitarbeitern, die nicht nur eine Hilfstätigkeit (z.B. Sekretariat) ausüben. Beschäftigte Mitarbeiter sollten vor allem im Hinblick auf die Hauptleistung umsatzrelevante Leistungen erbringen. Ist nun die betreffende Tätigkeit Ausfluss der eigenbetrieblichen Tätigkeit der Kapitalgesellschaft, erfolgt keine Zurechnung der Einkünfte zur natürlichen Person.
Betrachtet man nun wiederum das angeführte Beispiel, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Rechtsanwalts-GmbH über einen eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt und dass die Tätigkeit als Rechtsanwalt im Stiftungsvorstand Ausfluss dieser eigenbetrieblichen Tätigkeit der Kapitalgesellschaft ist. Es erfolgt daher keine Zurechnung der Einkünfte zur natürlichen Person, da nur eines der beiden Kriterien erfüllt wurde.
Im Schrifttum wird bereits jetzt unter anderem der Standpunkt der Finanzverwaltung hinsichtlich der Höchstpersönlichkeit der Tätigkeit als geeignetes sachliches Kriterium für die Zurechnung von Einkünften und die steuerliche Nicht-Anerkennung der Einmann-GmbH als selbstständiges Steuersubjekt kritisiert. Was die konkretisierte Sichtweise schlussendlich bringen wird, bleibt daher abzuwarten und wird in Zukunft sicherlich noch für einiges an Gesprächsstoff bzw. Diskussionsmaterial sorgen. Ihr ARTUS-Team hält Sie am Laufenden und berät Sie gerne bei Fragen zu diesem Thema.