Aus der aktuellsten Entscheidung des EuGH (Urteil vom 21.11.2018 C-664/16) geht hervor, dass die Vorlage von Rechnungen für den Vorsteuerabzug nicht zwingend erforderlich ist. Das bedeutet, dass nun unter bestimmten Umständen auch die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs in Fällen, bei denen die Finanzbehörde diesen aufgrund fehlender Rechnungen verweigert hat, besteht.
Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug
Das Recht auf Vorsteuerabzug ergibt sich aus dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer und darf grundsätzlich nicht eingeschränkt bzw. durch Formalvoraussetzungen nicht übermäßig erschwert werden. Durch dieses Prinzip sollen Unternehmer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer vollständig entlastet werden. Gemäß der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbaren Steuern entsteht. Das Abzugsrecht ist an den folgenden materiellen Voraussetzungen geknüpft:
- Die für den Vorsteuerabzug angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen müssen zum einen vom Unternehmer auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten (umsatzsteuerpflichtigen) Umsätze verwendet werden.
- Diese Gegenstände oder Dienstleistungen müssen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Unternehmer geliefert oder erbracht werden.
Für den Vorsteuerabzug sind Formerfordernisse zu erfüllen. Das bedeutet, dass der Steuerpflichtige eine Rechnung besitzen muss, die den gesetzlichen Anforderungen für den Vorsteuerabzug entspricht.
Entscheidungen des EuGH zum Rechnungserfordernis
Der EuGH hielt jedoch im September 2016 fest, dass der Vorsteuerabzug auch zu gewähren ist, wenn die materiellen, aber nicht alle formellen Voraussetzungen erfüllt sind. Das bedeutet, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein wegen dem bloßen Fehlen der Rechnungen verweigert werden kann, da dies dem Grundsatz der Mehrwertsteuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit widersprechen würde. Jedoch muss der Steuerpflichtige nachweisen, dass er vorsteuerabzugsberechtigt ist. Durch objektive Nachweise kann der Steuerpflichtige belegen, dass ihm der Vorsteuerabzug zusteht.
Welche Nachweise dies sein könnten, konkretisierte der EuGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 21.11.2018. Solche Nachweise können unter anderem Unterlagen vom Lieferer oder Dienstleister sein, die die Grundlage für die verrechnete Umsatzsteuer darstellen und somit dem Vorsteuerabzug zu Grunde liegen.
Darüber hinaus hat der EuGH festgehalten, dass eine gerichtlich angeforderte Schätzung durch einen Sachverständigen bloß die Nachweise ergänzen kann, nicht aber ersetzen kann.
Praxishinweis:
Bitte bestehen Sie aber unbedingt auf die Ausstellung einer Rechnung. Ein derartiger Nachweis ohne ordnungsgemäße Rechnung ist schwierig und sollte nur in Betracht gezogen werden um den Vorsteuerabzug im Falle des Falles sicherzustellen („als letzte Rettung“).
Im Sinne der tax compliance ist für die laufenden Geschäftsvorgänge und die Geltendmachung der Vorsteuern unverändert zeitnah eine USt-Rechnung einzufordern (auf diese besteht ein zivilrechtlicher Anspruch).
Zu den Rechnungsmerkmalen für eine ordnungsgemäße Rechnung:
- Das braucht eine Rechnung für einen korrekten Vorsteuerabzug
- Rechnungsmerkmale – Die ordnungsgemäße Rechnungsausstellung
- Vorsteuerabzug trotz fehlender Rechnungsmerkmale
Gerne beraten wir Sie zu diesem Thema persönlich. (info@artus.at)