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Grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassungen in Drittstaaten

International
date icon 07. Oktober 2025

Grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassungen in Drittstaaten: Wichtige Neuerungen durch VwGH-Entscheidung.

Die grenzüberschreitende Überlassung von Arbeitskräften ist für viele Unternehmen, insbesondere für international tätige Konzerne ein bedeutendes Thema. Gerade in Zeiten zunehmender Remote-Arbeit stellt sich oft die Frage, welche rechtlichen Voraussetzungen für virtuelle Arbeitskräfteüberlassungen in Drittstaaten – also Länder außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) – gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit seinem jüngsten Erkenntnis vom 29. April 2025 (Ro 2024/11/0002) Klarheit geschaffen: Auch rein virtuelle Arbeitskräfteüberlassungen von Österreich in Drittstaaten sind bewilligungspflichtig nach § 16 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), selbst wenn kein physischer Grenzübertritt der Arbeitnehmer stattfindet.

1. Hintergrund: Bewilligungspflicht für grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung

Das AÜG regelt nicht nur innerstaatliche, sondern auch grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassungen – sowohl von Österreich ins Ausland als auch umgekehrt. Während Überlassungen innerhalb des EWR bewilligungsfrei sind, ist für Überlassungen in Drittstaaten grundsätzlich eine Bewilligung erforderlich.

Bisher wurde angenommen, dass die Bewilligungspflicht nur dann gilt, wenn Arbeitnehmer physisch ins Ausland entsandt werden. Der VwGH hat dies nun für virtuelle (also remote) Arbeitskräfteüberlassungen klar verneint und klargestellt, dass auch solche Ausgestaltungen Bewilligungspflichtig sind.

2. Kernpunkt der VwGH-Entscheidung

Im konkreten Fall überließ ein österreichisches Unternehmen über mehrere Jahre 44 Mitarbeiter an Firmen in Drittstaaten – diese arbeiteten jedoch physisch ausschließlich in Österreich und leisteten ihre Arbeit remote. Eine erforderliche Bewilligung lag nicht vor.

Der VwGH bestätigte, dass auch für solche virtuellen Überlassungen eine Genehmigung nach § 16 AÜG notwendig ist, unabhängig davon, ob ein physischer Grenzübertritt vorliegt oder nicht. Der Schutz des österreichischen Arbeitsmarktes und der Wirtschaft sowie die Vermeidung von unregulierten Arbeitsbedingungen seien hier ausschlaggebend.

3. Praktische Konsequenzen für Unternehmen

3.1. Was bedeutet das für die Praxis?

  • Bewilligungspflicht auch bei rein virtueller Überlassung: Unternehmen müssen künftig für jede Arbeitskräfteüberlassung in Drittstaaten eine entsprechende Bewilligung beantragen – auch wenn ihre Mitarbeiter im Homeoffice in Österreich bleiben.
  • Gilt auch für Matrixorganisationen und Konzerne: In multinationalen Firmen, in denen Mitarbeiter verschiedener Länder oft in virtuellen Teams zusammenarbeiten, kann eine solche Zusammenarbeit grenzüberschreitende Überlassungen darstellen, die genehmigungspflichtig sind.
  • Keine Bewilligungspflicht innerhalb EU/EWR: Die Regelung betrifft nur Drittstaaten. Arbeitskräfteüberlassungen innerhalb des EWR sind weiterhin bewilligungsfrei.

3.2 Pflichten neben der Bewilligung

Neben der Bewilligung müssen auch sonstige gesetzliche Anforderungen des AÜG erfüllt werden – zum Beispiel die Zustimmung der Arbeitnehmer, Informations- und Aufzeichnungspflichten. Die Nichteinhaltung kann zu empfindlichen Verwaltungsstrafen führen.

3.3 Umgekehrter Fall: Überlassungen von Drittstaaten nach Österreich

Auch bei Arbeitskräfteüberlassungen aus Drittstaaten nach Österreich ist grundsätzlich eine Bewilligung erforderlich, unabhängig davon, ob die Tätigkeit physisch oder virtuell ausgeübt wird. Für virtuelle Überlassungen aus Drittstaaten ist jedoch keine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) notwendig.

4. Fazit und Handlungsempfehlungen

Die VwGH-Entscheidung bringt Klarheit, fordert aber auch von Unternehmen erhöhte Aufmerksamkeit und sorgfältige Prüfung ihrer Arbeitskräfteüberlassungen. Besonders im Kontext virtueller Zusammenarbeit mit Drittstaaten müssen die Bewilligungspflichten beachtet werden, um hohe Verwaltungsstrafen zu vermeiden.

Unsere Empfehlung:
Prüfen Sie Ihre internationalen Arbeitskräfteüberlassungen kritisch, auch wenn Ihre Mitarbeiter nicht physisch ins Ausland entsandt werden.

Bei Fragen oder wenn Sie Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Anforderungen benötigen, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung!

 

Michael Obernberger
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Wir beraten Sie gerne zu diesem Thema unter info@artus.at

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