Umsatzsteuer auf Zettel
Blog

Umsatzsteuerpflicht trotz Nichterbringung von Leistungen

Umsatzsteuer
date icon 08. Mai 2025

Die Frage des Vorliegens einer Gegenleistungspflicht im Zusammenhang mit erbrachten Lieferungen und Leistungen ist nicht aus zivilrechtlicher Sicht von Relevanz, sondern ebenso von steuerrechtlicher Relevanz.

Rechtsgrundlagen und Systematik

Die Grundlage zur Beurteilung von Entgelt stellen im EU-Raum die Mehrwertsteuersystemrichtlinien (kurz: „MwStSyst-RL“), welche bei uns indirekt in das österreichische Umsatzsteuergesetz (UstG) transformiert wurden, dar.

Art. 2 Abs 1 lit c MwStSyst-RL besagt: „Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze: […] Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet des Mitgliedsstaats gegen Entgelt erbringt

Somit muss zwischen dem Leistungsempfänger und Leistungserbringer ein Rechtsverhältnis bestehen. Die Hauptcharakteristik eines Rechtsverhältnisses ist das Vorherrschen von Rechten und Pflichten. Solange keine abweichenden Klauseln in einem Vertrag vereinbart wurden, der dem Rechtsgeschäft zugrunde liegt, ist der Leistungsempfänger dazu berechtigt das angeforderte Gut in seine Vermögenssphäre zuzuführen und dazu verpflichtet eine Gegenleistung in Form eines geeigneten Mittels (in der Regel Geld) zu leisten. Sobald ein Leistungsaustausch vorliegt (in diesem Fall Geld gegen Sache) ist ein umsatzsteuerbarer Tatbestand erfüllt. Nach nationalem Recht wäre hier bei einer Lieferung § 3 UstG von Relevanz und bei einer sonstigen Leistung (vor allem Dienstleistungen oder digitale Leistungen) § 3a UstG.

Nach dem EuGH muss dem Leistungsempfänger (Käufer) lediglich das Recht auf Inanspruchnahme des angeforderten Gutes (in diesem Fall eine Leistung) eingeräumt werden. Diese Beurteilung des Sachverhaltes hätte zur Folge, dass allein schon die Leistungsbereitschaft eines Rechtssubjektes eine Umsatzsteuerpflicht zur Folge hätte. Diese Umsatzsteuerpflicht findet ihren betraglichen Ursprung nicht im privatrechtlichen Vertrag, sondern entspringt aus der allgemeinen Lebenserfahrung, wie hoch die Aufwendungen des Leistungserbringers (Verkäufer) waren. Grds. unterläge der gesamte vertraglich vereinbarte Betrag der Besteuerung, jedoch wird dieses Entgelt reduziert um die (noch) nicht erbrachten Leistungen.

Veranschaulichung durch ein Beispiel

Der Werkunternehmer V wird vom Werkbesteller K mit der Errichtung eines Bauwerkes beauftragt. Es wurde ein endfälliges Entgelt in Höhe von EUR 6 Mio. vereinbart, welches bei Fertigstellung fällig wird. Die beiden Vertragspartner gehen ein Rechtsverhältnis ein, welche anhand eines Werkvertages gem. §§ 1165 ff ABGB geregelt ist. Ein Werkvertrag liegt vor, wenn jemand die Herstellung eines Werkes (Bauwerk) gegen Entgelt übernimmt.

K tritt nach einiger Zeit vom Werkvertrag zurück, wobei V bereits Mehraufwendungen zur Errichtung des Bauwerkes aufgebracht hat. Gem. § 1168 ABGB ist der Werkunternehmer V trotz der Nichterbringung des Werkes dazu berechtigt ein Entgelt zu verlangen.

  • 1168 ABGB besagt:

„Unterbleibt die Ausführung des Werkes, so gebührt dem Unternehmer gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Bestellers liegen daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat […]“

Somit hat der Werkunternehmer sein vertraglich vereinbartes Entgelt zu verrechnen und dieses mit den nicht erbrachten Leistungen gegenzurechnen. Der hier verbleibende Betrag ist anschließend der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Dies würde wie folgt aussehen:

Summarium finale

Auch wenn ein vereinbartes Werk nicht zur Gänze erbracht wurde und diese Nichtleistung vom Werkbesteller ausgeht, ist ein Entgelt, reduziert um die ersparten Aufwendungen, zu Leisten und diese monetäre Gegenleistung ist anschließend der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Erbringung des Werks oder der Dienstleistung sind nicht von immanenter Bedeutung, die Leistungsbereitschaft beider Rechtspersonen ist als Bewertungsgrundlage heranzuziehen. Wie sich diese Leistungsbereitschaft zeigt, wäre an diesem Punkt noch zu diskutieren jedoch mit der Entscheidung des EuGH wegweisend.

Haben Sie noch Fragen? ARTUS steht Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite (info@artus.at).

Paula Timofte
  • Email
  • Tel

Sie haben Fragen?

Wir beraten Sie gerne zu diesem Thema unter info@artus.at

Jetzt informieren

Gefällt Ihnen dieser Artikel?

Abonnieren Sie unseren Newsletter und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.

Newsletter abonnieren

Veranstaltungen