Viele Start-Ups bzw. Selbständige beginnen zunächst mit geringen Umsätzen. Die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung soll eine einfache Möglichkeit bieten, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, ohne sich mit den komplexen Vorschriften der Umsatzsteuer auseinandersetzen zu müssen. Doch was bedeutet es in der Praxis tatsächlich als Kleinunternehmer:in zu agieren?
Unser Blog-Beitrag, der die Bestimmungen bis inklusive 2024 und auch bereits die ab dem Jahr 2025 geltenden Neuerungen umfasst, beschäftigt sich mit sieben gängigen FAQ zum Thema Kleinunternehmer:in im Bereich der Umsatzsteuer.
Frage 1: Bis zu welcher Höhe an Umsätzen, bin ich Kleinunternehmer:in für Zwecke der Umsatzsteuer?
- Regelungen bis einschließlich 2024
Unternehmer:innen, deren Umsätze pro Jahr den Betrag von EUR 35.000,00 nicht überschreiten, fallen unter die Kleinunternehmerbefreiung. Die Umsatzgrenze kann innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren einmalig um bis zu 15 % überschritten werden (dh Jahresumsatz bis EUR 40.250,00, „Toleranzregelung“).
Bei der Grenze handelt es sich um eine Netto-Grenze. Für die Ermittlung der betraglichen Grenze werden die erzielten Einnahmen idR als Brutto-Umsätze (inkl. allfälliger Umsatzsteuer) verstanden und sind auf den jeweiligen Netto-Umsatz umzurechnen. Dabei ist der jeweils anzuwendende Umsatzsteuersatz zu berücksichtigen.
Folgendes Beispiel veranschaulicht die Ermittlung der Umsatzgrenze:
„Frau A erzielt im Jahr in Österreich steuerbare Einnahmen als Bloggerin iHv EUR 24.000,00 und aus der Vermietung einer Eigentumswohnung zu Wohnzwecken iHv EUR 13.200,00. Die erzielten Einnahmen („Brutto-Umsätze“) sind in Netto-Umsätze umzurechnen. Die Einnahmen als Bloggerin unterliegen dem Umsatzsteuersatz iHv 20%, die Umsätze aus der Vermietung zu Wohnzwecken einem Umsatzsteuersatz iHv 10%. Frau A erzielt in Österreich daher Netto-Umsätze iHv EUR 32.000,00 (= 24.000,00 / 1,2 + 13.200,00 / 1,1). Da sie die Netto-Grenze iHv EUR 35.000,00 nicht überschreitet, unterliegt sie der Kleinunternehmerbefreiung.“
Wird die Umsatzgrenze nicht überschritten, so gelangt die Kleinunternehmerbefreiung von Gesetzes wegen, dh automatisch, zur Anwendung. Will man von der Kleinunternehmerregelung nicht Gebrauch machen, so muss man aktiv darauf verzichten.
- Neuerungen ab 2025
Ab 2025 wird die Kleinunternehmergrenze als Brutto-Grenze definiert, wobei der Betrag auf EUR 55.000,00 erhöht wird.
Die Toleranzregelung wird ebenfalls geändert: Ab 2025 ist die Steuerbefreiung als Kleinunternehmer:in noch für jeweiliges Jahr möglich, wenn die Umsatzgrenze iHv EUR 55.000,00 (brutto) um nicht mehr als 10% (dh EUR 60.500,00 brutto) überschritten wird.
Frage 2: Was geschieht, wenn ich davon ausgehe Kleinunternehmer:in zu sein, die Umsatzgrenze jedoch während des laufenden Jahres überschreite?
- Regelung bis inklusive 2024
Wenn man zunächst von der Steuerfreiheit ausgeht und im Laufe des Kalenderjahres die Grenze von 35.000 Euro überschreitet (bzw. die Toleranzgrenze übersteigt), werden sämtliche Umsätze dieses Jahres, einschließlich der seit Jahresbeginn bereits erzielten Umsätze, nachträglich steuerpflichtig.
Folgendes Beispiel veranschaulicht dies:
„Frau B tätigt Umsätze, die dem 20% USt-Satz unterliegen. Sie stellt ihre Rechnungen im Jahr 2024 zunächst netto, ohne Umsatzsteuer aus, da sie davon ausgeht Kleinunternehmerin zu sein. Im November 2024 überschreitet sie unerwartet die Umsatzgrenze, da sie bis dahin Umsätze iHv EUR 63.000,00 (dh netto EUR 52.500,00) erzielt hat.
Für B bedeutet dies, dass sie von den vereinnahmten EUR 63.000,00 nun EUR 10.500,00 als Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss.“
- Neuerungen ab 2025
Im Gegensatz zu den Regelungen bis einschließlich 2024 führt ein Überschreiten der Umsatzgrenze oder der Toleranzregelung nicht mehr rückwirkend auf den Jahresbeginn zum Verlust der Steuerbefreiung. Die Befreiung entfällt erst ab dem Umsatz, mit dem die Umsatzgrenze (bzw. die 10%-Toleranzregelung) überschritten wurde.
Für das obenstehende Beispiel bedeutet dies:
„Frau B überschreitet zB durch eine einzige Einnahme iHv EUR 9.000,00 (= netto EUR 7.500,00) im November 2025 die Kleinunternehmergrenze, da sie dadurch insgesamt EUR 63.000,00 an Umsatz (brutto) erzielt.
Die Rechnung für jenen Umsatz mit dem die Überschreitung der Grenze im November 2025 eintritt, hat B mit EUR 7.500,00 + 1.500,00 Umsatzsteuer (20%) auszustellen.
Alle übrigen Umsätze des Jahres 2025 iHv EUR 54.000,00 (brutto) können steuerfrei belassen werden.“
Frage 3: Wie stelle ich als Kleinunternehmer:in meine Rechnungen aus?
Die Rechnung wird netto ohne Umsatzsteuer unter dem zusätzlichen Verweis auf die Steuerbefreiung als Kleinunternehmer:in ausgestellt.
Wenn trotzdem Umsatzsteuer auf der Rechnung angeführt wird, wird die Umsatzsteuer idR „Kraft Rechnungslegung“ geschuldet und ist an das Finanzamt abzuführen. Eine Ausnahme davon besteht grds nur dann, wenn die Rechnung ausschließlich an Endverbraucher:innen ausgestellt wurde. Endverbraucher:innen sind solche, die die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer in Abzug bringen können (dh zB Privatpersonen, die eine Lieferung oder Leistung nicht für ein Unternehmen beziehen).
Frage 4: Kann ich als Kleinunternehmer:in einen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, dh eine mir in Rechnung gestellte Umsatzsteuer „vom Finanzamt zurückholen“?
Nein.
Die Umsatzsteuer, die Ihnen als Kleinunternehmer:in in Rechnung gestellt wird, können Sie sich nicht als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen. Diese nicht als Vorsteuer abzugsfähige Umsatzsteuer stellt im Ergebnis Aufwand bzw. einen Teil der Anschaffungskosten dar.
Fällt die Befreiung als Kleinunternehmer:in jedoch (zB unterjährig) weg, ist ein Vorsteuerabzug möglich.
Frage 5: Ich möchte mich gegen die Kleinunternehmerbefreiung entscheiden. Was kann ich zu welchem Zeitpunkt tun?
Möchte man die Bestimmung für Kleinunternehmer in der Umsatzsteuer nicht in Anspruch nehmen, sind je nach Zeitpunkt zu dem die Entscheidung getroffen wird, folgende Varianten denkbar:
- Verzichtserklärung („Option zur Steuerpflicht“)
Es besteht die Möglichkeit von vorne herein, durch eine schriftliche Erklärung beim Finanzamt auf die Kleinunternehmerbefreiung zu verzichten. Dies bewirkt eine Besteuerung nach den allgemeinen umsatzsteuerlichen Regeln („Option zur Steuerpflicht“).
Die Verzichtserklärung kann spätestens bis zur Rechtskraft des Umsatzsteuerbescheides (Jahresbescheides) abgegeben werden.
- Widerruf des Verzichts
Abgegebene Verzichtserklärungen können bis zur Rechtskraft des Umsatzsteuerbescheides auch wieder zurückgenommen werden.
- Nachträgliches Abgehen von der Befreiung
Wir die Verzichtserklärung abgegeben (und nicht widerrufen) tritt für das betreffende Jahr sowie für mindestens vier weitere Jahre die Regelbesteuerung bindend.
Erst nach Ablauf des fünfjährigen Bindungszeitraums kann die Verzichtserklärung widerrufen und die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer wieder in Anspruch genommen werden. Dazu ist der spätestens bis zum Ende des ersten Monats eines neuen Kalenderjahres zu erklären.
Frage 6: Ich bin steuerlich in Österreich ansässig. Was muss ich beachten, wenn ich die EU-Kleinunternehmerregelung ab 2025 in Anspruch nehmen möchte?
Für in Österreich ansässige Unternehmer:innen, die ab 2025 mögliche Befreiung für EU-Kleinunternehmer:innen in Anspruch nehmen möchten, ist wie folgt vorgesehen:
- Die jeweilige nationale Kleinunternehmergrenze des Mitgliedstaates in dem man als EU-Kleinunternehmer behandelt werden möchte, und die EU-weite Umsatzgrenze iHv EUR 100.000,00, dürfen nicht überschritten werden.
- Für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerbefreiung in der EU haben Unternehmer:innen eine Vorabmitteilung an das Finanzamt zu übermitteln. Das Finanzamt erteilt sodann eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer („EX-ID-Nummer“).
- Die Unternehmer:innen haben ihre unionsweiten Umsätze quartalsweise an das Finanzamt zu melden. Die Meldung hat binnen eines Monats ab Ende des Quartals zu erfolgen.
Frage 7: Ich bin steuerlich nicht in Österreich ansässig. Falle ich trotzdem in Österreich unter die Kleinunternehmerbefreiung?
Hier ist nach dem Veranlagungsjahr zu unterscheiden:
- Bis 31.12.2024
Bis Ende des Jahres 2024 sind Kleinunternehmer:innen nur solche Unternehmer:innen, die im Inland (dh Österreich) einen Wohnsitz oder Sitz haben.
Im Ausland ansässige Unternehmer:innen können in Österreich nicht von der Kleinunternehmerbefreiung Gebrauch machen.
- Ab 1.1.2025
Ab 2025 wird die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer:innen auch für Unternehmer:innen gelten, die ihr Unternehmen in anderen Mitgliedsstaaten der EU betreiben.
Voraussetzung ist, dass die Umsätze in Österreich unter der österreichischen Kleinunternehmergrenze liegen und zusätzlich die Gesamtumsätze in der Europäischen Union (exkl Drittstaaten) EUR 100.000,00 pro Jahr nicht überschreiten.
Haben Sie noch Fragen? ARTUS steht Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite (info@artus.at).